Bruck an der Mur
Bezirk Bruck-Mürzzuschlag

Experte DI Stefan Zwettler nimmt Stellung (Aktiver Forstingenieur)

Waldeigentum: Zukunftsaktie und Aushängeschild

 

Geplanten Verkauf des Stadtwaldes Bruck und die damit verbundenen Folgewirkungen überdenken.

 

Bei der Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit steht der Wald mit seinen vielfältigen Funktionen im zentralen Fokus des öffentlichen Interesses. Wald als Lebensraum und Garant für Artenvielfalt, Wald als nachhaltiger Rohstofflieferant, Arbeitsplatz und Wirtschaftsbetrieb, Wald als Dreh-und Angelpunkt für die Lösung des Klimaproblems, Wald als Kohlenstoffspeicher, Wald als Wasserspeicher und Trinkwasserversorger, Wald als Luftfilter und Erholungsraum, Wald als Sport- und Spielstätte.

 

Wald erbringt Leistungen für Generationen

 

Diese Leistungen und noch viele mehr sind im Stadtwald der Bezirkshauptstadt Bruck an der Mur seit vielen Generationen mit stets zunehmender Bedeutung verwirklicht, vorbildlich weiterentwickelt und von der Bevölkerung, Naturliebhabern und Waldbesuchern aus nah und fern in höchstem Maße wertgeschätzt. Wenn nun die Verantwortungsträger der Stadtgemeinde den Beschluss fassen wollen, rund ein Drittel des von der Gemeinde zu bewirtschaftenden Waldeigentums zu veräußern, dürfen die Folgen und damit verbundenen Signalwirkungen nicht unterschätzt werden. Mit einem kurzfristig erzielbaren und in der Größenordnung überschaubaren finanziellen Einmalerlös wird nicht nur Grundeigentum endgültig und unwiederbringlich aufgegeben, sondern wird die langfristige Entwicklungshoheit einer Gemeinde und deren Einwohner empfindlich beschnitten.

 

Teilverkauf führt zu Qualitätsverlust und Unwirtschaftlichkeit

 

Laut österreichischem Forstgesetz besteht für Waldflächen unter 1.000 Hektar keine Pflicht zur Anstellung eines Forstorgans. Nur diese Personen sind als universell ausgebildete Fachexperten in der Lage die unzähligen an den Stadtwald gestellten Anforderungen in einer ausgewogenen Balance zu halten.

Abgesehen davon würde die Finanzierung eine(s)(r) Försters/Försterin – aus den finanziellen Erlösen des geschrumpften Wirtschaftsbetriebes Stadtforst nicht mehr möglich.

 

Einschränkungen für WaldbesucherInnen

 

Selbstverständlich bleibt der Wald im Falle einer Veräußerung als solcher erhalten. Es muss aber bedacht werden, dass sich in diesem Fall der Aktionsradius für WaldbesucherInnen wesentlich einschränkt. Der Grund ist darin gelegen, dass im Privatwald tendenziell strengere Regeln gelten (Mountainbiker, Schwammerlsucher, Verweilzeiten, Sperrgebiete etc.) als in Waldgebieten, die sich im Besitz einer Gemeinde befinden. Das Auftreten von Konflikten kann in solchem Fall nicht ausgeschlossen werden.

 

 

Wald wird immer wichtiger und wertvoller

 

Die aktuelle Wirtschaftsentwicklung zeigt auf, dass nicht nur aus einer verantwortungsvollen, nachhaltigen Waldbewirtschaftung und der damit verbundenen Bereitstellung des klimaneutralen, nachwachsenden Rohstoffes Holz langfristig für die Gemeinde Erlöse erzielt werden können, sondern in Zukunft auch über die Bereitstellung von wertvollen Umweltleistungen eine finanzielle Abgeltung möglich gemacht werden soll. Die Bedeutung des Waldes zur Bindung des Kohlenstoffes aus der Atmosphäre und die Speicherung in den Holzprodukten nimmt exponentiell zu. Die Berechnung und Heranziehung des ökologischen Fußabdrucks als Nachhaltigkeitsindikator für Wirtschaft, Gemeinden und Privat etc. gewinnt zunehmend an Bedeutung. Mit dem, seit vielen Generationen gepflegten und gehegten Stadtwald verfügen die Gemeinde Bruck und Ihre Einwohner, bei allen damit verbundenen Rechten und Pflichten, über eine wertvolle „Zukunftsaktie,“ die man bei allen wirtschaftlichen Herausforderungen nicht leichtfertig und voreilig veräußern sollte.

 

DI Stefan Zwettler

Jahrgang 1966, geboren und aufgewachsen in Bruck an der Mur

Absolvent der Höheren Lehranstalt für Forstwirtschaft in Bruck

Absolvent der Universität für Bodenkultur

Aktiver Forstingenieur